Samstag, 5. Januar 2013

Wehrpflicht ja oder nein?

Das Thema Wehrpflicht wird momentan sehr aktiv besprochen. Grund dafür ist wohl das Wahljahr und die bevorstehende Volksbefragung zu diesem Thema.

Nachdem ich oft nach meiner Meinung darüber gefragt werde und wegen diesem Blog sogar vom ORF in eine Live Sendung im Hauptabendprogramm eingeladen wurde, um über das Thema zu sprechen (was ich abgelehnt habe), habe ich mich entschlossen mit diesem Post meine Sicht auf die Dinge zu erläutern, da dieser Blog immer noch von Hunderten Leuten wöchentlich gelesen wird.

Es folgt eine in jeweils 6 Pro und Contra unterteilte Aufzählung von positiven, sowie negativen Dingen, die ich während meiner Zeit als Grundwehrdiener erlebt habe:

Pro:

  • Nach der Matura, die für mich eine geistige Prüfung dargestellt hat, war das Bundesheer für mich ein toller Ausgleich und war für mich auch eine körperliche Herausforderung
  • Der Selbstverteidigungskurs war sehr lehrreich
  • Ich habe einige neue Freunde und gute Bekanntschaften gewonnen
  • Es war ein tolles Erlebnis in einer großen Gruppe im Gleichschritt zu marschieren. Ein schwer zu beschreibendes Gefühl wenn mans nicht selbst erlebt hat
  • Man wurde auf der Straße oft angesprochen und in interessante Gespräche verwickelt. Viele alte Männer haben auch einfach so von ihren Erlebnissen beim Militär erzählt. Das fand ich durchaus interessant
  • Ich konnte mein technisches Wissen aktiv als Systemerhalter nach der Grundausbildung anwenden und habe auch das ein oder andere dazugelernt
Contra:
  • Als ich als Systemerhalter (Programmierer) eingesetzt war, habe ich mitbekommen, dass ein Offizier, der im selben Stockwerk wie ich sein Büro hatte, einen Bus mit 6 Rekruten aus einer anderen Kaserne angefordert hat, die ihm sein Büro geputzt haben und danach wieder in ihre Kaserne geschickt wurden
  • Nach der Grundausbildung wurde ich mit etwa 10 anderen Rekruten als Systemerhalter in eine Kaserne verlegt, bei der unsere technischen Fähigkeiten.. ja geradezu "ausgebeutet" wurden. Wir wurden einzeln in einen Raum gebeten, in dem die Leiter der jeweiligen Abteilungen gesessen sind und haben uns einige Fragen gestellt aufgrund der wir dann zu den Dienststellen zugeteilt wurden. Wir haben die selbe Arbeit geleistet (Programmierung und Wartung der internen Systeme), wie die dort angestellten Systemerhalter (Externe und Vertragsbedienstete) und haben dafür einen Sold von 200€ im Monat erhalten (für 40 Wochenstunden). Der Alltag war wie in einem normalen Büro nur mit sehr viel weniger Geld und man hat alle Tätigkeiten machen müssen, die die anderen nicht machen wollten (Mistkübel ausleeren, Sachen von anderen Stockwerken transportieren, etc.. es grenzte an Sklaverei)
  • Es gab einige Macht-geile Soldaten, die einem einfach aus Bosheit oder um sich Respekt zu verschaffen etwas angeschafft haben, das nicht notwendig und nicht in der Ausbildung vorgesehen war
  • Einige meiner Kameraden, die als Kraftfahrer eingesetzt waren, wurden als Chauffeure für Offiziere eingesetzt. Sie mussten teilweise in der Nacht und am Wochenende Offiziere zu Events führen und haben dann mehrere Stunden im Auto warten müssen. Einige dieser Events waren laut Kameraden auch privater Natur
  • Massive Misstände bei der Hygiene von ABC Schutzanzügen (Schweiß der Vorgänger war fingertief in den Handschuhen, da die Anzüge nach jeder Übung eingesammelt und von den Ausbildnern weggeschlossen wurden)
  • Gesundheitlich hat mir das Bundesheer während der Grundausbildung sehr geschadet, da ich aufgrund einer Hausstaubmilben Allergie praktisch jede Nacht mehrmals mit akuter Atemnot aufgewacht bin. Die Ärzte im Heeresspital haben mir nur ein Nasenspray (unüblich bei einem Asthamtiker mit Hausstaubmilben Allergie) und eine Erlaubnis meine private Bettwäsche in der Kaserne verwenden zu dürfen gegeben und haben gemeint, dass die Grundausbildung eh in einigen Wochen vorbei sei

Auf die Frage, ob ich bei der Arbeit, die ich beim Bundesheer geleistet habe etwas anderes gemacht habe als zur Selbsterhaltung des Heeres beizutragen muss ich mit einem klaren NEIN antworten.